„Wir staunen über die Schönheit eines Schmetterlings, aber erkennen die Veränderungen so selten an, durch die er gehen musste, um so schön zu werden.“
Emotionen sind Hauptbestandteil von Psychotherapie
Emotionen sind eines der komplexesten Phänomene des
menschlichen Wesens und geben der Wissenschaft immer noch große Rätsel auf. Alleine
die Frage nach Anzahl von Emotionen lässt sich schon nicht einheitlich beantworten.
So werden häufig Freude, Wut, Ekel, Furcht, Verachtung, Traurigkeit und
Überraschung als Basisemotionen bezeichnet. Was aber ist mit Liebe und Hass,
Verzweiflung, Bewunderung oder Scham? Übereinstimmung besteht dagegen in der Bedeutung von
emotionalem Erleben. Emotionen steuern unser Verhalten, aktivieren bestimmte
körperliche Prozesse, können aktivierend und anregend sein oder beruhigen bzw.
zu Inaktivität führen. Emotionale Veränderungen können über die Ausschüttung
von Neurotransmittern beobachtet werden. Auch gibt es Hirnregionen, die bei
bestimmten Emotionen aktiver bzw. weniger aktiv sind.
Für Psychotherapeuten ist die Arbeit mit Emotionen eines der Hauptfelder ihrer Tätigkeit mit ihren Patienten. Schließlich sind seelische Erkrankungen im engeren Sinne Erkrankungen des Gefühlserlebens. Diese können sich einerseits in den Affekten, also den kurzzeitigen Gefühlsregungen zeigen oder als längerfristige Gemütszustände (Stimmung) beschrieben werden. Das heftige Erschrecken mit Panik vor einer Spinne im Rahmen einer Spinnen-Phobie würde dabei dem kurzzeitigen, intensiven Affekt entsprechen, länger anhaltende Traurigkeit und Niedergeschlagenheit der (depressiven) Stimmung.
Emotionsforscher gehen davon aus, dass das neuronale Zentrum für Emotionen im limbischen System, dem ältesten Teil des Gehirns sich befindet. Von hier aus werden sensorische, kognitive, physiologische, motivationale und expressive Komponenten gesteuert und moduliert. Es wäre jedoch falsch, Emotionen nur als neurophysiologische Prozesse einer Reiz-Reaktions-Gleichung zu verstehen.
Die Psychotherapie hatte sich in ihrer recht kurzen Geschichte als wissenschaftliche Disziplin zunächst sehr auf internalisierendes Leiden (z.B. Depression, Ängste, traumatische Erfahrungen) beschränkt. Externalisierendes, also nach außen gerichtetes emotional-affektives Verhalten wie Wut, Aggression, Hyperaktivität und Konzentrationsstörungen aber auch Autoaggressionen, Essensverweigerung, Zwänge, Tics oder Psychosen wurden bis Mitte des 20. Jahrhunderts nur am Rande oder gar nicht über Psychotherapie behandelbar angesehen.
Die Dialektisch-Behaviorale-Therapie verbindet Kognitive Verhaltenstherapie mit Elementen des Zen
Marsha Linehan ist es zu verdanken, dass seit den 1980er
Jahren die besonders schwer von affektiven Erlebnissen betroffene Gruppe von
Menschen stärker in den Fokus von Psychotherapie genommen wurde. Linehan
beschäftigte sich - aufgrund eigener langjähriger Psychiatrieerfahrung - mit
chronisch suizidalen jungen Frauen, die sich selbst verletzen, häufig an einer
Posttraumatischen Belastungsstörung leiden oder schwere Essstörungen entwickelt
hatten.
Die von ihr entwickelte Dialektisch-Behaviorale-Therapie (DBT) verbindet auf kognitiv verhaltenstherapeutischer Grundlage lerntheoretische
Ansätze mit Haltungen und Interventionen des Zen-Buddhismus. Die Dialektik
liegt dabei in der Balance von Akzeptanz und Veränderung. Verkürzt beschrieben
postuliert sie, dass nicht alles erlebte Leid im Leben ungeschehen gemacht
werden kann, jedoch Möglichkeit besteht, einen neuen Weg trotz dieser
Erfahrungen zu gehen und mit Hilfe der Therapie diese neuen Wege (Veränderung)
zu erkunden. Im Gegensatz zu anderen psychotherapeutischen Ansätzen nimmt die Patient-Therapeut-Beziehung
einen sehr hohen Stellenwert ein, weshalb der Therapeut nie alleine arbeitet,
sondern regelmäßig sich durch andere Therapeuten beraten lässt (Supervision).